Einführung von Projektmanagement und Multi-Projektmanagement in einer großen Bundesbehörde (>13.000 MA)
Kunde & Auftrag
Einführung von Projektmanagement (PM) und Multiprojektmanagement (MPM) in eine nachgeordnete Behörde des BMVBS mit < 13.000 Mitarbeitern im Rahmen der Einführung von Controlling und Kostenleistungsrechnung auf der Basis von SAP/R3.
Projektansatz
Die Wasserschifffahrtsverwaltung (WSV) Deutschlands gliedert sich in 7 Direktionsbereiche mit je 5 bis 8 Fachämter, an die wiederum je 3 bis 5 Außenbezirke angeschlossen sind. Die Aufgaben der WSV bilden sich zu 90 Prozent in investiven Projekten entweder des Neubaus oder des Erhaltens von Wasserstraßen und deren Anlagen (Schleusen, Wehre, Brücken) ab.
Jährlich werden durch die WSV zwischen 800 bis 1.500 Mio. € Investitionsmittel verausgabt. Im Rahmen der umfassenden Einführung einer Kostenleistungsrechnung auf Basis von SAP/R3 sowie der damit verbundenen Schaffung von Controllingstrukturen und Controllingprozessen, wurde gleichzeitig ein professionelles Projekt- und Multiprojektmanagement eingeführt.
Im Verlauf des Projektes wurde in den Direktionen der zusätzliche Bedarf an Strategieentwicklungsprozessen und entsprechender Einführung bzw. Optimierung von strategischen Steuerungs- und Controlling-Instrumenten und Verfahren unterstützt.
Die Projektphasen
- Konzeption / Erarbeitung eines Handbuches Projektmanagement / Multiprojektmanagement sowie aller begleitenden Unterlagen
- Einführungsplanung, Schulungskonzept und Umsetzung
- Schulung der Führungskräfte und Mitarbeiter
- Verankerung eines strategischen Zielfindungsprozesses und Operationalisierung der strategischen Ziele auf Ebene Multiprojektmanagement
- Evaluation der Effekte
Erfolgsfaktoren
Fachliche und prozessuale Unterstützung der Projektgruppe bei der Erstellung des Handbuches „Projektmanagement in der WSV“
Die Herausforderung dieses Projektes bestand darin, die wesentlichen Elemente eines professionellen Projektmanagementsystems an die Realität und die Erfahrungshintergründe einer hierarchisch geprägten Verwaltung anzupassen und entsprechend der spezifischen Gegebenheiten
weiter zu entwickeln.
Es bestand die Absicht, mit Hilfe von PM die Steuerung- und Selbststeuerungsfähigkeit der Organisation und der Menschen darin deutlich zu verbessern, um somit der Komplexität (langlaufende Projekte, hoher Anteil Beteiligter, unkalkulierbare Einflussnahme durch die Politik) der Aufgabenstellung der WSV besser entsprechen zu können.
Dazu war es notwendig, in dem entstehenden Handbuch eine ausgewogene Balance zwischen verbindlichen Regelungen und gleichzeitiger Erläuterung der Grundprinzipien von Projektmanagement abzubilden, um dadurch die situativ angemessene Anwendung von PM abzusichern.
Gratwanderung zwischen verbindlichen Regelungen und bürokratischen Zwängen
In der Vergangenheit wurden solche Handbücher als starres Regelwerk mit Templates und Richtlinien verstanden, was zu einer enormen Zunahme von Bürokratie führte oder schlicht von der Organisation ignoriert wurde.
Im Gegensatz dazu sollte eine lebendige Projektkultur entstehen, in der Klärungs- und Steuerungsprozesse auf Basis eines gemeinsam akzeptierten Regelwerkes und Zielesystems konstruktiv durchgeführt werden. Für eine Verwaltung bedeutet das Denken in Zielen und Strategien und das Handeln im Kontext von transparenten Ursachen-Wirkungsprinzipien eine gewaltige Kulturveränderung und ist entsprechend mit Widerständen verbunden.
In diesem Sinne war das Gesamtprojekt durchaus als ein „emanzipierender“ Akt hin zu mehr Eigenverantwortung für das Gelingen zu sehen und wurde von der Projektgruppe auch so verstanden.
Insbesondere die zeitgleiche Einführung der KLR und deren sehr konkrete Auswirkungen stellte das Denken vieler Betroffener auf den Kopf. Das Abbilden von Arbeitszeit als „Werteverzehr“ und das Gegenüberstellen mit erbrachten Leistungen, war für Führungskräfte und Mitarbeiter vor dem Hintergrund einer als nicht beeinflussbar wahrgenommenen Verwaltung schwer zu akzeptieren.
Die Einführung von Projektmanagement gab den Mitarbeitern Handlungsfähigkeit dahingehend zurück, dass Leistung nicht nur in Form fertiggestellter Bauwerke, sondern auch in Teilaufgaben dokumentiert werden konnte. Gleichzeitig stärkte dieser Arbeitsansatz das Denken in Zielen und das Überprüfen der Wirtschaftlichkeit eigenen Handelns.
Konzeptphase
Die Umsetzung fest im Blick
Allen Beteiligten war klar, dass die einfache Einführung eines weiteren Handbuches nicht den gewollten Effekt haben würde, da ohne die aktive Akzeptanz der Organisation eine PM-Kultur nicht lebendig werden würde.
Der erste Blick geht in den Gesamtprozess, erst dann wird das Handbuch erstellt
Es galt also, von Anfang an die Attraktivität und die Chancen durch PM in die Organisation zu tragen und die Mitarbeiter dafür zu engagieren. Ein Teil der Konzeptphase bestand daher in der aktiven Einbindung der Organisation, das heißt es wurden eine Vielzahl von Workshops durchgeführt, in denen die erlebte Praxis in der Projektbearbeitung abgefragt sowie Erwartungen an ein funktionierendes PM und die wesentlichen Erfolgsfaktoren
erhoben wurden.
Damit war implizit eine „Beauftragung“ durch die Organisation entstanden, auf die im Einführungsprozess zurückgegriffen werden konnte. Ebenfalls in der Konzeptphase wurde die IT-technische Umsetzung und Erfassung von PM erarbeitet und die SAP-Schnittstelle definiert.
Erfolg des Handbuchs „Projektmanagement“
Das neue Handbuch „Projektmanagement“ fand hohe Anerkennung. Mehrere nicht zum BMVBS gehörende Organisationen haben dieses Handbuch aus eigenem Antrieb genutzt, um PM bei sich einzuführen. Ebenso gab es Nachfrage von Unternehmen der freien Wirtschaft nach diesem Handbuch.
Einführungsplanung
Sorgfältige und umfassende Prozessplanung
Die Einführungsplanung wurde in enger Abstimmung mit den einzelnen Direktionen der WSV erstellt und dabei den individuellen Unterschieden zwischen den Direktionsbereichen Rechnung getragen.
Gemeinsam mit den Präsidenten wurde der flankierende Prozess der strategischen Zielsetzung initiiert und verbindlich mit den Dezernats- und Amtsleitern durchgeführt. Die Aufgaben der WSV bilden sich zu 90 Prozent in investiven Projekten entweder des Neubaus oder des Erhaltens von Wasserstraßen und deren Anlagen (Schleusen, Wehre, Brücken) ab.
Dabei konkurrieren die Ämter unentwegt um Ressourcen sowohl bei finanziellen Mittel als auch beim Personal. Gleichzeitig erfordert die Art der Projekte (lange Planungsphase und Bauphase im Wechsel) eine sensible vorausschauende „Gesamthaussteuerung“.
PM als Bestandteil eines stimmigen strategischen Zielbildungsprozesses
Die Prioritätensetzung im Rahmen der Projektbearbeitung kann nur gelingen, wenn der übergeordnete Zielfindungsprozess etabliert ist und von den Betroffenen nachvollzogen werden kann.
Schaffung des strategischen Planungs- und Controllingprozesses
Da die bundesweite Projektbearbeitung Controlling sich nur auf die technische Umsetzung, Einführung und Schulung der Kostenleistungsrechnung bezog, wurde der Prozess der Strategieentwicklung, der Strategieumsetzung und des strategischen Controllings im Einführungsprozess PM gleichermaßen etabliert.
Dabei wurde auch den Verantwortlichen in den Direktionen klar, das Agieren im Projekt nicht losgelöst von Amts- oder Direktionssteuerung zu betrachten ist und die Verantwortung auch nicht an die neue Controllingeinheit delegiert werden kann. In diesem Zusammenhang mussten neue Rollen ausgehandelt werden, die dem tradierten Verständnis einer Behörde erst einmal nicht entsprachen.
Ebenso entstand hier die Erkenntnis und die Akzeptanz, dass als Bindeglied zwischen Gesamthaussteuerung und Projektarbeit unbedingt die Einführung eines funktionierenden Multiprojektmanagements notwendig ist, auch wenn dies einen besonderen Kraftakt für die Organisation bedeutete.
Diese Einführungsprozesse wurden in den einzelnen Direktionsbereichen zeitlich versetzt geplant und durchgeführt.
Schulungsphase
Schulung der Führungskräfte und Mitarbeiter
In den einzelnen Direktionsbereichen waren zwischen 100 und 200 Menschen zu schulen. Differenziert nach Rollen im Projekt wurden auch die Schulungsmodule durchgeführt und dauerten in der Regel 2×3 Tage. Hierbei wurden neben Regeln, Prozessen und Tools des PM auch verhaltensorientierte Themen bearbeitet, die für die gemeinsame Projektarbeit unabdinglich sind.
Das konstruktive Gestalten von Klärungsprozessen, Umgang mit Ressourcenengpässen, das Zusammenspiel der unterschiedlichen Rollen unabhängig von hierarchischer Aufhängung, waren wichtige Neuerungen in der Verwaltungswelt. Bestandteil dieser Phase waren ebenfalls vertikale Module, in denen faktische Zielvereinbarungen und Eskalationsverfahren zwischen Führungskräften und Mitarbeitern vereinbart wurden, um eine höhere gemeinsame Sicherheit in einer instabilen Umstiegszeit herzustellen.
Ehrliche Auseinandersetzung mit schwierigen Führungsfragen
Der transparente Ausweis von Projektzeiten sowie der ehrliche Umgang mit Zielkonflikten konnten nur gelingen, weil eine Phase des Lernens und der Evaluation vereinbart wurde. Hierbei wurde der Anwesenheit der Externen große Bedeutung beigemessen, waren Sie doch der Ausweis dafür, dass diese Lern- und Evaluationsprozesse mit der notwendigen Tiefe und Verbindlichkeit durchgeführt wurden.
Umsetzungsphase
Integriertes Arbeiten in den Projektphasen
Mit der Eingabe sämtlicher Projektinformationen begann faktisch die Umsetzungsphase. Auf der Ebene der Lernens und des Umdenkens / Veränderns hatte diese Phase bereits mit der Planung aller notwendiger Arbeitsschritte gemeinsam mit einer Direktions- und Ämter- übergreifenden Projektgruppe begonnen und zog sich durch die Erarbeitung der strategischen Ziele und des strategischen Controllings sowie der gesamten Schulungsphase.
Die Konkretisierung der Umsetzung (Erfassung von Zahlen, Daten Fakten) eröffnete anfangs partiell die Möglichkeit, das neue PM-System zum eigenen Vorteil zu nutzen. Beispielsweise zeigten die geschätzten Planwerte bei den Aufwandszeiten die fehlende Erfahrung auf diesem Gebiet. Immer wieder wurden Zeiten zu großzügig eingeschätzt oder notwendige Aufwände unterschätzt.
Veränderung öffnet Räume, die individuell unterschiedlich genutzt werden
Die Herausforderung an Führungskräfte, Führung nicht nur als operative Führung zu verstehen, wuchs in dieser Projektphase deutlich. Notwendige Unterstützung für Mitarbeiter, vertiefte Auseinandersetzung mit Projekten in der Anfangsphase, aber auch Konfliktinterventionen mit Mitarbeitern, veränderten das Führungsbild.
Das Herstellen von Kongruenz aller Parameter in einem so nachhaltigen Veränderungsprojekt wurde in dieser Phase am deutlichsten erlebt. Neben dem erhöhten Aufwand wurde aber auch mit Erleichterung zur Kenntnis genommen, dass der befürchtete Wandel machbar und gestaltbar war und die Direktionsbereiche über die notwendigen Ressourcen und Kompetenzen verfügten.
Das Umsetzten dieses Projektes in zeitversetzten Tranchen in den verschiedenen Direktionsbereichen, wurde bewusst als Lern-und Anpassungsprozess gestaltet. Konkret bedeutete dies, dass in den Projektgruppen immer Beobachter der nachfolgenden Direktion anwesend waren, die dann als Know-how Träger den nächsten Prozess verantworteten. Wichtige Anpassungen und notwendige Ergänzungen konnten auch weiterhin durch einen ausgewogenen Änderungsdienst im Handbuch Niederschlag finden.
Ergebnis
Neben dem Controlling der monetären Faktoren (die Projektkosten hatten sich nach rd. drei Jahren in den einzelnen Direktionsbereichen amortisiert) sind zwei weiter Faktoren als besonders positiv hervorzuheben:
1. Deutliche Kulturveränderung
Die Einführung von PM /MPM wirkte in der WSV weit über die reine Implementierung eines Instrumentes deutlich kulturverändernd. Der gesamte Prozess von der Definition einer Strategie (statt „das steht doch im Gesetz“), über das Setzen von Prioritäten, Gestalten von Aushandlungsprozessen, professioneller Umgang mit Konflikten, Stärkung der Selbststeuerungskompetenz und der Führungskompetenz, bedeuteten Zumutung und Chance zugleich.
Am Ende eines intensiven und stürmischen Prozesses hatte sich das Selbstverständnis dieser Organisation erheblich verändert.
2. Erhebliche Verbesserung der Mittel- und Langfristplanung und der Abschätzung von Konsequenzen aus Planungsveränderungen
Die Besonderheit der WSV Projekte liegt in der Natur von Bauprojekten. Sie haben eine Planungsphase, die personalintensiv ist und eine Bauphase, in der die Investitionsmittel abgerufen werden. Gleichzeitig stehen den Organisationseinheiten sowohl personelle als auch finanzielle Mittel in gleichbleibenden Jahresscheiben zur Verfügung und müssen entsprechend der Kameralistik entsprechend jährlich verwendet werden.
Es ist äußerst anspruchsvoll, bei einer Vielzahl von Projekten (ca. 250 Projekte pro Direktionsbereich), diese in einer 5 – 10 Jahresperspektive zu beplanen, dabei den inneren Zusammenhang zwischen den Projekten zu beachten und bei Planänderungen deren Auswirkung einschätzen zu können. Gleichzeitig ist das Geschäft der WSV durch tagesaktuelle Instandhaltungsaufgaben bestimmt, die durch unvorhersehbare Ereignisse (bspw. Havarien etc.) bestimmt sein können.
Mit der Einführung des strategischen Controlling, der KLR sowie mit Projektprioritäten versehenen Multiprojektmanagementstandards und einer qualifizierten PM-Einführung, konnte sich die WSV in der Gesamtsteuerung und damit in der effizienteren Mittelverwendung verbessern.
Gleichzeitig galt es aber auch, den Primat der Politik anzuerkennen. Dies bedeutete konkret, Einzelentscheidungen aus dem Ministerium zu akzeptieren, die erst einmal nicht der Steuerungslogik der einzelnen Direktion und der absehbaren Baunotwendigkeit entsprachen.
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