Merger Integration nach der Fusion zweier Genossenschaftsverbände

1. Projektansatz:
Prozessverbesserung und kulturelle Integration nach der Fusion zweier Genossenschaftsverbände

Ausgangssituation:

Zwei Genossenschaftsverbände mit jeweils eigenen historischen Verbandstraditionen und prägenden regionalen Verankerungen wurden aufgrund marktstrategischer Überlegungen, aber auch zur Hebung von Synergiepotentialen in 2009 fusioniert.

Die Fusion verlief unter rein formalen Gesichtspunkten erfolgreich, hatte aber innerhalb des ersten Jahres nach der rechtlichen Fusion zu einer erheblichen Orientierungslosigkeit der Mitarbeiter und zu einer zunehmenden Destabilisierung der Abläufe und Zusammenarbeit geführt.

Bisherige, eher punktuelle Integrationsmaßnahmen hatten nicht den gewünschten nachhaltigen Effekt, unter Realisierung von Synergiepotentialen gemeinsam in eine neue Verbandszukunft zu schauen und die Effektivität der Verbandsarbeit entsprechend der neuen Organisationsgröße zu stärken.

Mit der Unterstützung der frankfurter gruppe unternehmensentwicklung wurde daher ein breiter angelegtes Integrations- und Stabilisierungsprojekt gestartet.

Arbeiten in Phasen

Das Projekt wurde in folgende Hauptphasen gegliedert:

 

Phase 1

  • Einbindung der Führungskräfte in die Verantwortung für das Gelingen der Fusion

Phase 2

  • Prozessoptimierung in den Kernprozessen, einschließlich Aufsetzten eines funktionsfähigen Berichtswesens sowie eines strategischen Controllings
  • Kulturelle Integration durch gezielte Kulturworkshops
  • Entwicklung und Einführung von Führungsgrundsätzen und Führungsleitbild

Phase 3

  • Durchführung einer umfassenden Führungskräfteentwicklungsmaßnahme vom Vorstand bis zur vierten Führungsebene

Phase 4

  • Neuaufsetzung des Strategieprozesses und Herstellung von Nachhaltigkeit in der Führungsentwicklung Der Verband hatte nach der Fusion ca. 550 Mitarbeiter, das Projekt lief über 2,5 Jahre mit ca. 250 Beratertagen.

2. Erfolgsfaktoren:
Sorgfalt und Timing

Führungskräfte als Träger und Promotoren der Integration

Das Integrations-Projekt „Genius“ konnte nur gelingen, wenn die oberen Führungskräfte zu Trägern und Promotoren des notwendigen Veränderungsprozesses wurden und verantwortungsvoll ihre Führungsaufgabe auch in für sie unklaren Zeiten übernahmen.

Daher galt es, Konsens und Tragfähigkeit für die Themen, Inhalte und Vorgehensweisen des Projektes gemeinsam mit den oberen Führungskräften herzustellen und diesen Prozess weiter nach unten zu kaskadieren.

Die Fusion lag bereits 18 Monate zurück, in dieser Zeit war das ganze Ausmaß von Unterschiedlichkeit der Herkunftsverbände deutlich geworden und hatte zu sichtbaren Zeichen von Erschöpfung in der Organisation geführt.

Daher galt es, das Vertrauen der Führungskräfte und Mitarbeiter in ihre eigene Handlungskompetenz wiederherzustellen und die beginnende wechselseitige Abwertung zwischen Mitarbeitern der beiden Herkunftsverbände aufzulösen. Die Länge der seit Bekanntgabe der Fusion bereits verstrichenen Zeit machte es erforderlich, sichtbar zügig und erkennbar planvoll das Projekt umgehend zu starten.

3. Projekteinstieg:
Klarheit und Wertschätzung

Von allen Beteiligten wurde die Notwendigkeit gesehen, im Rahmen eines umfassenden Projektes die Post Merger Phase aktiv zu bearbeiten.

Allerdings waren die Vorstellungen über die richtige Schrittfolge unterschiedlich und die Verärgerung über die zurückliegenden Monate spürbar. Fehlende s Vertrauen musste erst hergestellt werden. Kompromisse, die im Rahmen der Fusionsausgestaltung eingegangen waren, machten sich belastend bemerkbar.

Der Gesamtaufwand einer Fusion war deutlich unterschätzt worden und nur schwer neben den Belastungen des Tagesgeschäftes zu schultern.

Der Erwartungsdruck der externen Stakeholder, die Vorteile der Fusion „zu ernten“, nahm zu.

In drei kurzfristig auf einander folgenden 2-tägigen Veranstaltungen wurde der Projektvorschlag der frankfurter gruppe gemeinsam mit den oberen Führungskräften diskutiert, in Details angepasst, akzeptiert und verabschiedet und die Seite 3 von 5 notwendigen Voraussetzungen zur Umsetzung (Projektgruppe, Teilaufgaben etc.) geschaffen.

Damit war gleichzeitig eine Integrationsstrategie expliziert, die als Basis für die interne Kommunikation eine belastbare Ausgangssituation lieferte.

4. Prozessanalyse und Prozessoptimierung Ein Managementtool als „Eisbrecher“

In einem ersten Schritt wurden gemeinsam mit Führungskräften und Mitarbeitern in einem getakteten und Template-basierten Verfahren die wesentlichen Geschäftsprozesse überarbeitet.

Da den Mitarbeitern aus den jeweiligen Herkunftsverbänden deutlich unterschiedliche Bearbeitungsformen bekannt waren (bspw. „kurze Wege“ vs. „verbindliche Prozessorientierung“), führte die fehlende Harmonisierung der Geschäftsprozesse zu permanentem Stress und in Folge zu wechselseitigen Abwertungen zwischen den Mitarbeitern und einem Verfestigen des Denkens in „Ihr“ und „Wir“.

Besseres Verstehen und Akzeptieren durch gemeinsame Erarbeitung stabiler Arbeitsprozesse

Der Prozessstrang der Geschäftsprozessoptimierung führte zu den notwendigen Dialogen über unterschiedliche Bearbeitung, einem deutlich besseren gegenseitigen Verständnis und zu gemeinsam getragenen Entscheidungen hinsichtlich der zukünftigen Bearbeitungsform.

Besonders hilfreich war es, einerseits ein klares Vorgehen nutzen zu können und gleichzeitig über den notwendigen Raum für Klärung, Konfliktintervention und Aushandlungsprozesse zu verfügen.

Der jeder Prozessanalyse innewohnende Schritt der Entscheidungsfindung führte zu einer besseren Frequenz der Begegnung zwischen den Hierarchieebenen.

Für diesen Arbeitsschritt waren interne Analyseteamleiter geschult worden, was deutlich das Vertrauen in die Fairness der Prozesserhebung steigerte und gleichermaßen die Kompetenz des Verbandes für spätere Anpassungsschritte erhöhte.

Am Ende dieses Arbeitsschrittes hatten die Mitarbeiter und Führungskräfte ihre Handlungsfähigkeit und ihre Fähigkeit zur Problemlösung deutlich gestärkt.

5. Berichtswesen und strategisches Controlling: Steuerungsfähigkeit der NewCo herstellen

Zeitgleich wurde ein neues Berichtswesen aufgebaut, das gekoppelt an die vorhandene Strategie auch ein strategisches Controlling auf der Basis einer Balanced Scorecard zum Gegenstand hatte.

Dadurch wurde zum einen die Steuerungsfähigkeit des Verbandes wiederhergestellt und zum anderen der notwendige Diskurs über ein commitetes Zielsystem geführt, was im Sinne von Orientierung aber auch von Klarheit dringend geboten war.

Die besondere Herausforderung lag weniger in der Schaffung der Instrumente, als vielmehr im Akzeptieren sehr unterschiedlicher Werte , bezogen auf das Selbstverständnis der Führung und der Leistungsbewertung.

Das Controllingsystem deckt Werteunterschiede auf

Das Erwirtschaften von Deckungsbeiträgen und das eigenverantwortlich Agieren im Rahmen von Zielvereinbarungen auf der einen Seite, versus zentraler Budgeterstellung und Verrechnung über Verbandbeiträge, machten die tiefverwurzelten Unterschiede der Herkunftsverbände deutlich.

Das Herstellen von Transparenz und die Diskussion und Klärung zum Thema „was ist bei uns Erfolg“, führte zu schmerzhaften Erkenntnis – und Lernprozessen und zu Strukturveränderungen in der Organisation.

6. Kulturworkshops:
„Was auch gesagt werden musste“

Die Mitarbeiter hatten Gelegenheit , sich in mehreren Großgruppenveranstaltungen (jeweils ca. 50 – 60 Teilnehmer) sich mit den kulturellen Unterschieden der beiden Herkunftsverbände auseinanderzusetzen, mit Humor und Ironie auch die dadurch entstandenen Verwerfungen in der Anfangszeit des Zusammenschlusses zu betrachten und daraus resultierend zentrale Anliegen für die Führung zu formulieren.

Humor und Ironie schaffen neue Realität

Diese zweite Phase trug deutlich dazu bei, die Handlungsfähigkeit des Verbandes und seiner Beschäftigten im Innenverhältnis wiederherzustellen und in einen ruhigeren Arbeitsmodus zu gelangen.

7. Führungsgrundsätze / Führungsentwicklung: Es geht ans „Eingemachte“

Die Erarbeitung der Führungsgrundsätze in einem kaskadierten Prozess gemeinsam mit dem Vorstand sowie die Verständigung auf einen verbindlichen Führungskreislauf, bildeten die Basis für die nachfolgende Führungsentwicklung.

In der Führungsentwicklung entsteht Nähe und Vertrauen, aber auch Verbindlichkeit und Kritikfähigkeit

Die Konkretisierung der Führungsgrundsätze durch beobachtbare Kriterien fand Eingang in den Prozess der stetigen Verbesserung des Führungshandelns und wurde in Form eines „Führungsdiamanten“ dauerhafter Bestandteil des Feedbackprozesses.

Der gesamte Prozess der Führungsentwicklung war in diesem Prozess ein zentraler Bestandteil, die Gräben der Unterschiedlichkeit zuzuschütten, und führte in den gemischten Gruppen zum vertieften Kennenlernen sowie zum verbesserten Dialog. Die zweimal jährlich stattfinden den Führungsforen verankern die Relevanz von Führung im betrieblichen Alltag und bieten Gelegenheit zur Reflektion und zum Austausch von Erfahrungen.

8. Neuaufsetzen des Strategieprozesses:
Ein neuer Start

Am Ende des Integrationsprozesses wurde deutlich, dass gemeinsames Handeln, gemeinsames Entscheiden, konstruktive Klärungsprozesse und ein verbindendes Selbstverständnis geschaffen waren und der Verband auf Grund seiner neuen Größe nun in einer „anderen Liga spielen“ kann.

Entwicklungsprozesse haben die Struktur einer Helix und verlaufen in loops

Passend zur Rolle und Bedeutung des Verbandes wurde die Strategie deutlich rejustiert und überarbeitet, was durch Erarbeitung von Vision, Mission und Strategiehaus für Führungskräfte und Mitarbeiter eine gemeinsame attraktive und Orientierung gebende Zukunftsperspektive bedeutete.

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Ihr Ansprechpartner:

 

Dr. Christoph Rohloff
Managing Partner

Fon: +49 6102 202366 0
Email: office@frank­fur­ter-​grup­pe.de